Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Maximale Leistung ist beim Laden auf dem Werksgelände nicht immer die richtige Antwort

Schnell für Wenige oder langsam für Jeden? Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge verfolgt WS ein eigenes Konzept. Um ein kostengünstiges und dennoch effektives Ladesystem auf dem Werksgelände zu erreichen, setzt WS konsequent auf eine niedrige Ladeleistung.
Auch an einer normalen Steckdose kann geladen werden (Bildquelle: WS)

Laden von Elektrofahrzeugen auf dem Werksgelände

Beim Thema Elektromobilität ist eine Diskussion um die zugehörige Ladeinfrastruktur in aller Regel nicht weit. Oft orientieren sich die Erwartungen am Ziel möglichst geringe bis hin zu keinen Komforteinbußen gegenüber dem gewohnten Status Quo mit Verbrennerfahrzeugen zu erreichen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, arbeitet die Automobilindustrie mit Hochdruck daran besonders schnelles Laden von Elektrofahrzeugen, also Laden mit möglichst hoher elektrischen Leistung, zu ermöglichen. Im Gegenzug wird seitens der Industrie verlangt, dass wahlweise der Staat oder andere Unternehmen (Hotels, Restaurants, Industrie & Gewerbe, …) die Ladeinfrastruktur bereitzustellen haben. Hierbei wird jedoch allzu gerne ausgeblendet, dass die dafür notwendigen Investitionen erheblich sind. Besonders im Gebäudebestand sind weder Anschlussleistungen noch die elektrische Infrastruktur darauf ausgelegt zusätzliche Großverbraucher mit hoher Gleichzeitigkeit zu versorgen. Intelligente Regelungstechnik ist zwar theoretisch verfügbar, doch ebenfalls mit hohen Kosten und zusätzlichem Installations- und Wartungsaufwand verbunden.

Eine hohe Ladeleistung bringt das elektrische System schnell an seine Grenzen

Der Anspruch an nahezu jedem beliebigen Ort möglichst schnell, also mit hoher Leistung laden zu können wird somit potenziell zu einem Hemmnis für die weitere Verbreitung der Elektromobilität. Schon eine Ladeleistung von lediglich 22 kW pro Ladepunkt bringt das elektrische System – gerade in Bestandsgebäuden von Industriebetrieben – schnell an seine technischen Grenzen, besonders wenn mehrere Ladeplätze installiert werden sollen.

Unter der Annahme, dass an einem Standort mit ca. 150 Mitarbeitern schon heute ca. 20 Ladepunkte zur Verfügung stehen sollen, ergibt sich eine theoretische Maximallast von 440 kW und übersteigt somit übliche Anschlusswerte selbst bei neueren Gebäuden. Folglich müsste ein aufwändiges Lastmanagementsystem installiert werden, das die Leistungsverteilung mit den momentanen Kapazitäten abgleicht und dabei möglichst noch die heute häufig verfügbare lokale Erzeugung aus PV Anlagen mit einbezieht. Schließlich sollen Fahrzeuge bevorzugt mit echtem grünen und nicht nur bilanziell eingefärbtem Strom betankt werden. Da ein 22 kW Ladepunkt inkl. damit verbundener Leitungs-, Absicherungs- und Installationsarbeiten oft bereits mehrere tausend Euro kostet, ergibt sich inkl. des notwendigen Lastmanagementsystems für das Industrieunternehmen schnell eine notwendige Investition im sechsstelligen Euro Bereich.

"Langsame Ladeplätze" lassen sich schnell einrichten (Bildquelle: WS)

Der WS Ansatz zur Ladeinfrastruktur

Die Firma WS wählt deshalb an ihrem Stammsitz in Renningen einen anderen Ansatz, der auf den folgenden wesentlichen Prämissen aufbaut:

  1. Elektrofahrzeuge sind immer dann besonders sinnvoll, wenn sie eingesetzt werden, um lokalen Kurzstrecken- und Pendelverkehr abzudecken. Die tägliche Fahrleistung beträgt deshalb in aller Regel bis zu ca. 100 km, oft sogar noch deutlich darunter. Es ergibt sich ein täglicher Energiebedarf pro Fahrzeug von 15 bis 20 kWh.
  2. Um den vollen ökologischen Vorteil der Elektromobilität zu erschließen sollte echter, möglichst dezentral vor Ort erzeugter grüner Strom zum Laden eingesetzt werden
  3. Die Standzeit der Fahrzeuge ist während der Arbeitszeit lang, in der Regel 9 Stunden von denen bei WS aufgrund des Einschichtbetriebs selbst im Winter die meisten tagsüber bei Helligkeit anfallen.
  4. Die lokale Erzeugung grünen Stroms aus eigenen PV Anlagen (derzeit am WS Stammsitz insgesamt ca. 400 kWp) übersteigt häufig bereits in den Morgenstunden den Bedarf aus Fertigung und Bürobetrieb. Die überschüssige Erzeugung kann daher auch ohne dezidierte Steuerung mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit für das Laden von Fahrzeugen eingesetzt werden, solange die kumulierte Ladeleistung niedrig ist.
  5. Fahrzeuge tagsüber bedarfsgerecht umzuparken ist theoretisch zwar möglich, praktisch aber nur eingeschränkt mit innerbetrieblichen Abläufen vereinbar.

Die benötigte tägliche Ladeenergie von bis zu 20 kWh je Fahrzeug, basierend auf der Annahme einer max. Strecke von ca. 100 km pro Tag, kann bei einer Standzeit von neun Stunden mit einer Dauerladeleistung von 2,2 kW erreicht werden. Anschlussseitig eignen sich hierfür ohne weiteres spezielle auf Dauerlast ausgelegte Schuko-Steckdosen. Solche Steckdosen lassen sich vergleichsweise schnell auf bereits vorhandenen Parkflächen installieren. Entsprechende Zuleitungen werden im Unterverteiler separat abgesichert und können, je nach Zielsetzung, mit sehr einfachen Mitteln ständig oder zeitgesteuert freigeschalten werden. Aufgrund der vergleichsweise geringen theoretischen maximalen Summenlast von 20 * 2,2 kW = 44 kW, ergibt sich keine Notwendigkeit für ein dezidiertes Lastmanagementsystem. Die Summenlast liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit meist unter der verbleibenden Überschusserzeugung aus den lokalen PV Anlagen. Die Notwendigkeit für untertägiges Umparken von Fahrzeugen, das bei wenigen Ladepunkten mit höherer Leistung eventuell notwendig wäre, entfällt vollständig. Das vorhandene elektrische System bietet zudem Reserven für einen weiteren Ausbau mit Ladepunkten niedriger Leistung in der Zukunft. Sofern Schnellladen vereinzelt dennoch notwendig ist, wird auf externe Ladeinfrastruktur verwiesen. Die notwendige Investition für die Umsetzung beläuft sich für WS im dargestellten Konzept, bei annähernd gleicher Zielerreichung, auf deutlich unter 10% der alternativen Vorschläge mit höheren Ladeleistungen und kann entsprechend ohne Weiteres aus Eigenmitteln finanziert werden. 

Laden mit max. 10A an einer normalen Steckdose (Bildquelle: WS)

Die Umsetzung gelingt auch ohne Subventionen: Langsames Laden ist umso schneller umsetzbar 

Das dargestellte Beispiel belegt eindrücklich, dass eine problemadäquate Herangehensweise gerade im Bereich der Versorgung mit elektrischer Energie unabdingbar ist. Die notwendigen Investitionen bei zunehmender Elektrifizierung sind insbesondere im Gebäudebestand erheblich bis hin zu kaum realistisch umsetzbar. Mit intelligenten Konzepten, die neben den technischen Gegebenheiten auch eine präzise Eingrenzung der jeweils verfolgten Zielsetzung beinhalten, können hohe Kosten jedoch oft vermieden werden, ohne dabei die Zielerreichung wesentlich zu schmälern.  Eine Umsetzung ist dann ohne weiteres auch ohne Subventionen möglich.

Da eine unvoreingenommene und nicht profitgetriebene externe Beratung in diesem Themenkomplex jedoch besonders schwierig zu finden ist, sollten Unternehmer sich bemühen klare Zielvorstellungen zu formulieren und eine Umsetzung innerhalb vorher festgelegter Randbedingungen einfordern.

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